Das MTG in den 1940er Jahren: Schüler aus dem Abiturjahrgang 1949 erzählt aus seiner Schulzeit

Von Lehrern in SA-Uniform zu Demokratie-Workshops nach dem Krieg: Robert Seidenader hat am MTG viel erlebt. Der heute 93-jährige kam 1940 an das Gymnasium in der oberen Au und absolvierte hier 1948 das Abitur. Eigentlich war er Teil des Abiturjahrgangs 1949, mit dem er in der Folge auch weiterhin in engem Kontakt stand, allerdings durfte er 1948 an einer sogenannten „Springerprüfung“ teilnehmen und legte daher bereits ein Jahr früher als vorgesehen die Reifeprüfung ab. Im Mai besuchte er nun das W-Seminar „Geschichte des MTG“ und erzählt aus seiner Schulzeit.
Seine ersten Jahre am MTG waren stark vom Krieg und der NS-Diktatur geprägt. Manche Lehrer kamen hin und wieder in SA-Uniform zum Unterricht und die nationalsozialistische Regierung hatte die Lehrpläne ideologisch gleichgeschaltet. Robert Seidenader erzählt allerdings, dass der Alltag an der Schule nicht stark durch politische Indoktrination geprägt war. Er kann sich an wenige politische Äußerungen von Lehrkräften erinnern. Gleichwohl war der Kriegsverlauf auf dem Pausenhof oft ein bestimmendes Thema, auch deshalb da die meisten Väter der Schüler im Krieg waren. Zudem wurde in der Schule jeden Tag an einer Karte und mit einem roten Faden über den (vermutlich beschönigten) Frontverlauf informiert. Und: Jeder Schultag begann mit einer Art Gebetsspruch: „Für Führer, Volk und Vaterland!“
Aufgrund der ab 1942 zunehmenden Bombenangriffe wurden alle Schüler als Brandhelfer ausgebildet. Seidenader betont dabei, dass die Ausbildung auch aufgrund geeigneten Geräts und häufigen Wassermangels sehr schlecht gewesen sei. Die Schule selbst wird im April 1945 bei einem Bombenangriff schwer beschädigt. Seidenader ist hier mit einigen anderen Schülern als Brandhelfer im Einsatz, kann aber außer ein paar Schulbänken nicht viel retten. Der Schulleiter schickt sie angesichts des völlig zerstörten Altbaus trotz ihrer Versuche den Singsaal zu löschen nach Hause. „Geht’s heim“, sagte er auf bayerisch, „das hat keinen Sinn.“ Das ist ohnehin eine Sache, die Seidenader auffällt: Anders als heute hätten zu seiner Schulzeit alle Schüler untereinander bayerisch gesprochen.
Fast im gesamten Jahr 1945 fand aufgrund des Kriegs kein Unterricht statt. Stattdessen mussten alle Schüler kriegswichtige Dienste leisten. Seidenader wurde jeden Tag zur Hopfenernte in die Holledau geschickt… Erst im Herbst 1945 lief der Unterricht dann langsam wieder an. Zunächst aufgrund der zahlreichen Zerstörungen, die der künstlerisch begabte Schüler auch in Aquarellzeichnungen dokumentiert hat, in einer Kirche in Bogenhausen. Schnell setzte die US-Militärregierung auch neue politische Schwerpunkte. Viele Lehrer mussten aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP die Schule verlassen, neue Lehrer kamen. Darunter war dann auch einer, der mit den Schülern jede Woche einen Demokratie-Workshop durchführte. Erste Vorboten einer neuen, stabilen, demokratischen Zeit kündigten sich dadurch an. Diese brachten für Seidenader 1948 das Abitur und mit dem Ausbau der elterlichen Werkzeugmacherei zu einer weltweit aktiven Maschinenbau-Firma großen beruflichen Erfolg. Seidenader ist es dabei wichtig zu betonen, dass die Grundlagen für seinen Erfolg am MTG gelegt wurden. Er sagt, dass er von seiner Schulbildung sein ganzes Leben profitiert habe.