Wem gehört die Nachbarschaft? – Russland, die EU und die Ukrainekrise
Am 30.01.17 hatten wir, die Q12, die Möglichkeit, uns einen tieferen Einblick in die Ukrainekrise zu verschaffen. Der Referent Peter Bauch (Außenpolitikexperte und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag) hat uns hierzu auf Einladung von Herrn Hock einen interessanten Vortrag gehalten. Er hatte von Beginn an unsere volle Aufmerksamkeit und kündigte das Ende der politisch entspannten Zeit für die EU an, da das Vereinigte Königreich die EU verlassen will („Brexit“), da Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland anstehen, bei denen rechtspopulistische Parteien erstarken können, und weil sich der neue US-Präsident von der EU ab- und Russland zuwendet. Somit entsteht eine Phase voller Unsicherheiten und Veränderungen. Seinen Schwerpunkt legte Bauch auf das Verhältnis zwischen der EU und Russland und auf den Ukrainekonflikt. Der Status der Ukraine als souveräner Staat ist in seinen Augen unbestritten, denn Russland hat die Ukraine als einen der weiteren 14 Nachfolgestaaten der Sowjetunion offiziell anerkannt und auch die Bevölkerung der Ukraine hat sich in einer Volksabstimmung zu diesem neuen Staat bekannt. Nach Abgabe aller Atomwaffen auf ukrainischem Gebiet an Russland garantierte Russland zusammen mit den USA eine friedliche Zukunft für die Ukraine. Trotzdem entwickelten sich unter Putin neue Großmachtinteressen, denn die Befürchtung von geopolitischen und wirtschaftlichen Verlusten durch die Westorientierung der Ukraine wurde immer größer und es kam zur Annexion der Krim (anschließendes Referendum zum Verschleiern der militärischen Aneignung) und zu bewaffneten Konflikten im Osten der Ukraine, an denen russische Soldaten beteiligt waren. Bauch bezeichnete dies als „autoritären Putinismus“ mit dem Ziel der Sowjetisierung. Die EU muss sich seither fragen, ob ihr Freiheit, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit (auch der Ukraine) wichtiger sind als politisch und wirtschaftlich gute Beziehungen zu Russland. Die 28 EU-Außenminister haben als Reaktion die Annexion der Krim rechtlich nicht akzeptiert und es wurden von der EU befristete und dosierte Sanktionen gegen Russland verhängt, die umstritten sind und über die alle sechs Monate neu entschieden werden muss. Militärische Gewalt als Mittel der russischen Außenpolitik führt zu einer Gefährdung des dauerhaften Friedens in Europa und zu Angst vor Krieg im Osten des Kontinents. Deswegen werden (um Russland nicht noch weiter zu provozieren rotierende) Nato-Truppen in Osteuropa stationiert und die politische und kulturelle Selbstbehauptung wird zur Herausforderung für Europa. Mit dieser Aussage schließt Bauch den Kreis zurück zum Ende der politisch entspannten Zeit für die EU. Der Vortrag war spannend und führte zu einer kritischen Diskussion über Auswirkungen von Sanktionen und über eine „Mitschuld“ der EU und Nato, die sich nach Veranstaltungsende dann noch teilweise im kleineren Kreis fortsetzte. Wir haben durch den Vortrag viele Anregungen zum Nach- und Weiterdenken bekommen, allerdings wären Bilder und Karten vielleicht noch schön gewesen und auch die russische Gegenposition wäre noch interessant gewesen. Trotzdem ein herzliches Dankeschön an Herrn Peter Bauch, der sich für uns Zeit genommen hat und diesen interessanten Vortrag für uns gehalten hat.
Simona Sajkiewicz, Q12 / M. Hock, StD