Riefenstahl – Visionärin? Manipulatorin? Lügnerin? Leistungsfach Geschichte besucht 18. SchulKinoWoche
Im Rahmen des Geschichtsunterrichts zum Thema Nationalsozialismus nahmen die Schülerinnen und Schüler des Leistungsfachs Geschichte die Gelegenheit wahr, die Dokumentationsveranstaltung zur NS-Regisseurin Leni Riefenstahl der 18. bayerischen SchulKinoWoche zu besuchen. Gezeigt wurde der Dokumentarfilm Riefenstahl (2024) von Regisseur Andres Veiel, der das Leben und Wirken der umstrittenen Regisseurin beleuchtet. Riefenstahl wurde 1902 in Berlin geboren und starb 2003 in Pöcking am Starnberger See. Nach einer Knieverletzung gab sie ihre Tanzkarriere auf und arbeitete als Filmschauspielerin, Drehbuchautorin, Schnittmeisterin, Filmproduzentin und Fotografin. Während der NS-Zeit pflegte Leni Riefenstahl engen Kontakt zu Adolf Hitler und Josef Goebbels, die ihre Produktionen finanzierten. Auch mit Albert Speer war sie in Kontakt und blieb mit ihm auch nach dem 2. Weltkrieg freundschaftlich verbunden.
Die Werke von Leni Riefenstahl gehören zu den bekanntesten und zugleich umstrittensten Produktionen der NS-Zeit. Triumph des Willens (1935) und Olympia (1938) sind filmhistorisch bedeutend vor allem wegen ihrer innovativen Bildsprache. Genau hier liegt das Problem: Die Grenze zwischen Ästhetik und Propaganda verschwimmt. Im Unterricht hatten wir uns intensiv mit der Rolle der Propaganda im Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Der Dokumentationsfilm zeigt, wie Riefenstahls Bilder nicht nur dokumentierten, sondern auch aktiv inszenierten: das Führerbild, die Volksgemeinschaft, die rassenideologische Überhöhung des Körpers, die Choreografie der Massen. Für viele von uns war es die erste bewusste Auseinandersetzung mit einer Figur, deren Lebenswerk künstlerisch beeindruckt, aber moralisch zutiefst ambivalent bleibt.
Mithilfe bislang unbekannter Archivmaterialien, privater Briefe und seltener Tonaufnahmen aus Riefenstahls Nachlass schafft Andres Veiel ein differenziertes Porträt zwischen Genie, Verdrängung und historischer Schuld. Ein zentrales Thema des Films ist Riefenstahls konsequente Selbstinszenierung als „unpolitische Künstlerin“. Andres Veiel greift hierfür auf zahlreiche Interviews zurück. Darin entlarvt er ein wiederkehrendes Muster: Riefenstahl bezeichnete sich selbst als „naiv“, „unwissend“, „nur ästhetisch interessiert“. Sie behauptete, nichts von den NS-Verbrechen gewusst zu haben. Gleichzeitig zeigte sie keinerlei Schuldbewusstsein für die Rolle, die ihre Filme bei der Idealisierung des Regimes spielten.
Der Film lässt diese Aussagen nicht unkommentiert stehen. Vielmehr montiert er sie kontrastreich mit Bildmaterial, Belegen und Quellen, die das Gegenteil nahelegen. Besonders eindrücklich: Ihre über Jahrzehnte hinweg gleichbleibenden Verteidigungsformeln, mit denen sie Kritik abwehrte, rhetorisch geschickt, aber inhaltlich hohl.
Im Anschluss an die Vorführung war eine Podiumsdiskussion angekündigt, eine Chance, das Gesehene zu reflektieren und offene Fragen zu stellen. Leider blieb diese Gelegenheit hinter unseren Erwartungen zurück. Die Gesprächsrunde wirkte unkoordiniert und thematisch unscharf.
Trotz der schwachen Podiumsdiskussion war der Kinobesuch ein inhaltlicher Gewinn und verdeutlichte uns eindrücklich, wie ideologisch aufgeladen Bilder und Fotos sowie Filme sein können, wenn sich Kunst in den Dienst einer diktatorischen Herrschaft stellt und somit die Zuschauer im Sinne des politischen Regimes manipuliert werden.