Fantasiegeschichte: Die eiskalten Augen
Es war ein ganz normaler Sommertag. Ich fragte meinen Freund Willi: „Wo wollen wir unser neues Netz spinnen?“ Willi antwortete: „Wie wär’s denn dort, zwischen den zwei Ästen?“ „Perfekt!“ Da wir fliegende Spinnen waren, flogen wir dorthin und wollten gerade mit unserem Netz beginnen, als ein Junge vor uns stehen blieb und uns beobachtete. Ich spürte, dass von dem Kerl eine Gefahr ausging, doch ich hatte keine Ahnung wie gefährlich es werden würde. Erst nach einigen Sekunden fiel mir auf, dass die Augen des Kindes einen kühlen, tiefblauen Farbton hatten. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Endlich drehte der Junge sich weg. Im ersten Moment war ich erleichtert, doch nur eine Sekunde später war mir mein Herz bis in die Kniekehlen gerutscht. Das Kind hatte sich wieder umgedreht und funkelte uns nun mit seinem eisernen Blick an. An Willis Zittern, erkannte ich, welche Angst er haben musste, als das Undenkbare geschah: Die Augen sogen uns ein! Das Schlimmste war jedoch, dass Willi und ich dabei getrennt wurden. Willi verschlang das linke Auge, mich sog das rechte ein. Wir schrien: „HILFE!“, dann wurde es still. Ungeheuer still. Ich fragte mich, wie es Willi wohl ging und wie es dort, wo er war, aussah. Um mich herum erhellte ein warmer, orangener Schein den Raum. Ich erkundete den Ort, an dem ich gelandet war. Es war schön und ich fühlte mich wohl. Am Ende eines Ganges war ein neuer Raum, an dessen Ende sich etwas Rosafarbenes befand. Ich war neugierig und flog darauf zu. Als es mich einsog, hatte ich zuerst Angst, doch dann spürte ich eine leichte Brise: Ich war draußen an der frischen Luft! Dort erblickte ich etwas Unerwartetes: Willi erwartete mich bereits! „Willi!“ „Lilly!“ Wir fielen uns in die Arme und flogen gemeinsam nach Hause.
ENDE