Das Kinder- und Jugendrathaus… Ein Rathaus für Kinder und Jugendliche?

Weißt du, was das Kinder- und Jugendrathaus ist?

Ich wusste es lange Zeit nicht, aber als ich es bei einer Führung durch das Rathaus gesehen habe, fand ich es super interessant. Und da die Mitarbeiterinnen am besten erzählen können, was das ist und wie das Ganze funktioniert, habe eine von ihnen interviewt. Viel Spaß beim Lesen und schaut dort doch mal vorbei!

Meine erste Frage ist, was das Kinder und Jugendrathaus für Kinder und Jugendliche macht. Ich glaube, das wissen viele nicht.

Mein Name ist Kerstin Königbauer. Ich leite hier das Kinder- und Jugendrathaus. Wir sind zu zweit und jeden Tag von Montag bis Freitag hier. Das Kinder- und Jugendrathaus wurde vor knapp anderthalb Jahren gegründet. Da hat der Stadtrat entschieden, wir brauchen irgendwo eine Anlaufstelle. Wenn Kinder und Jugendliche ein Anliegen an die Stadt haben, z.B. auf dem Schulweg ist die Ampelschaltung so, dass sie überhaupt nicht gut funktioniert oder wir haben Kinder in der Klasse, die gerne mit auf eine Ferienfreizeit fahren würden, aber die Eltern können sich das nicht leisten, dann ist es ja bei uns in der Stadt sehr unübersichtlich, wo man sich hinwendet. Wir haben eine Riesenstadtverwaltung mit fast 40.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Herauszufinden, an wen man sich wenden soll, ist ganz schön schwierig.

Erwachsene schicken einfach eine E-Mail an den Oberbürgermeister, wenn sie ein Problem haben. Aber da ist die Hürde für Kinder und Jugendliche meistens sehr sehr sehr hoch, das traut sich vielleicht nicht jeder. Deswegen hat man gesagt, wir brauchen eine extra Anlaufstelle, wo Kinder und Jugendliche hinkommen können und wo jemand ist, der ihnen weiterhilft. Einen Ort, wo man immer hingehen kann und sich nicht vorher durchfragen muss.

Ja, das ist cool. Du hast schon gesagt, dass man hier einfach herkommen kann, aber gibt sonst noch Möglichkeiten, mit euch in Kontakt zu treten?

Ja, am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sind wir immer von 14 Uhr bis 16:30 Uhr hier. Man kann auch eine E-Mail schicken an kinderrathaus@muenchen.de oder jugendrathaus@muenchen.de. Man kann uns aber auch per WhatsApp erreichen oder per Telefon. Oder auch per Instagram oder TikTok.

Theoretisch auch per Brief, wenn sich jemand ganz viel Mühe geben will.

Das ist ja ein Rathaus für Kinder und Jugendliche, aber wer genau kann eigentlich kommen? Gibt es irgendwelche Einschränkungen?

Also, wir schicken jetzt niemanden weg, der schon zu alt ist, aber grundsätzlich sind wir erstmal für alle unter 21 da. Wenn jetzt jemand mit 22 kommt, helfen wir der Person trotzdem weiter.

Wir hatten jetzt schon ein paar Beispiele für Dinge, mit denen man kommen kann. Aber für was genau ist das Rathaus gedacht? Kann man auch vorbeikommen, wenn man jetzt kein Problem hat, sondern z. B. eine Idee?

Grundsätzlich kann man mit allem hierherkommen. Also wir helfen auch, wenn man ein Konflikt mit einem Lehrer hat, aber da können wir natürlich nicht so viel machen. Am besten helfen können wir, wenn es um Sachen geht, wo die Stadt was machen kann. Also alles, was irgendwie die Stadt betrifft, sei es eben Verkehr, öffentlicher Raum oder so etwas. Wir hatten z.B. neulich jemanden da, wo eine Freizeiteinrichtung kein Geld mehr hatte und geschlossen werden sollte und die beiden haben gefragt, wie sie sich dafür engagieren können, dass sie nicht geschlossen wird. Aber wir versuchen bei allem weiterzuhelfen. Wir tun uns nur leichter, wenn es die Stadt betrifft.

Wenn es jetzt z.B. um den Lehrplan in der Schule geht, das bestimmt ja der Freistaat. Da würden wir dann jetzt nicht sagen, „Dafür sind wir nicht zuständig“, aber wir würden sagen, „Hey, du musst an die und die Person herantreten“.

Es gibt ja die Kinderrechte und wenn ein Kind in seinen Rechten beschnitten wird, also ein Kinderrecht nicht eingehalten wird, dann kann es auch zu uns kommen und wir können helfen.

Wenn es ein Konflikt gibt, weil man draußen sein will und in der Wohnanlage beschwert sich ständig jemand, da gibt esz.B. im Sozialreferat auch eine Stelle, die bei so was vermittelt und dann würden wir dem jungen Menschen helfen, mit dem Sozialreferat eine Lösung zu finden, damit die Nachbarn sich nicht immer beschweren.

Also eigentlich alles.

Und wenn z.B. jemand sagt auf seinem Spielplatz, da funktioniert das Klettergerüst nicht und sich überlegt, dann gehe ich hierher. Was passiert dann eigentlich?

Also, wir sagen jetzt einfach, das ist ein städtischer Spielplatz, sonst wird es schwieriger. Wir würden uns dann erst mal hier mit dem jungen Menschen zusammen anschauen, welcher Spielplatz es genau ist, was genau kaputt ist. Das würden wir gemeinsam aufschreiben. Für Spielplätze, das weiß ich auswendig, ist das Baureferat zuständig. Dann würden wir die Infos dem Baureferat schicken und dem jungen Menschen in drei Wochen – die Verwaltung ist ziemlich langsam – Rückmeldung geben. Meistens sagt dann das Baureferat: „Oh, Das wussten wir noch gar nicht. Tut uns leid. Wir schicken dann und dann jemanden vorbei.“ Ich gebe das dann dem jungen Menschen weiter. Manchmal passiert auch nichts, dann müssen wir noch mal nachfragen.

Das Anliegen kommt also und ich schreibe es auf, schicke es an das Referat, das zuständig ist. Die sagen mir dann „Geht“ oder „Geht nicht“. Es kann z. B. Auch sein, dass es gerade kein Geld dafür gibt.

Wir haben in München den Stadtrat, der trifft alle Entscheidungen für die ganze Stadt. Dann haben wir in jedem Stadtbezirk noch einen Bezirksausschuss. Das ist wie ein Ministadtrat. Dort sind auch gewählte Leute, sie werden auch bei der Kommunalwahl gewählt und die entscheiden Sachen, die den Stadtbezirk betreffen. Das sind also auch ehrenamtliche Leute von verschiedenen Parteien, die Dinge für den Stadtbezirk entscheiden. Und in diesen Bezirksausschüssen gibt es jeweils auch jemanden, der für Kinder und Jugendliche beauftragt ist, einen Jugendbeauftragten. Das sind auch ehrenamtliche Politikerinnen und deren Job ist es, dass sie für Kinder und Jugendliche ansprechbar sind. Viele haben auch eine Sprechstunde. Die wohnen in dem Stadtbezirk und wissen, was da gerade passiert. Die Bezirksausschüsse haben auch noch mal eigenes Geld, ein Budget, was sie selber ausgeben dürfen. Und es manchmal ist es so, dass das Referat kein Geld mehr hat, der Bezirksausschuss aber schon. Man hat die oft gar nicht auf dem Schirm.

Ich schaue kurz nach. Der Bezirksausschluss 5 ist für euch zuständig. Er hat 27 Mitglieder und der Vorsitzende ist Jörg Spengler.

Du hast schon gesagt, nach drei Wochen gibt es eine Rückmeldung. Aber wenn z.B. ein Loch im Schulweg ist und man dann hierherkommt und sagt „Da ist ein Loch im Schulweg“, wie lange dauert es dann, bis sich etwas verändert?

Das ist ganz unterschiedlich. Ich würde mir wünschen, dass es ganz schnell geht. Das Problem ist, oft dauert es schon so drei Wochen, bis überhaupt die richtige Person erreicht ist, wir sind fast 40.000 Mitarbeiter.

Mein Ziel ist, dass alle Kinder und Jugendlichen, die hierherkommen, zumindest nach drei Wochen wissen, ob man was machen kann oder nicht. Ich habe nur keinen Einfluss darauf, wann jetzt das Baureferat vorbeikommt, um das Loch im Schulweg dann wirklich wegzumachen. Also, es kommt total drauf an, was es ist.

Wir haben ja schon darüber geredet, wie es für die Person weitergeht, die euch kontaktiert. Aber wie ist bei dir so der Arbeitsalltag?

Ich arbeite ganz viel am PC, weil ich die Sachen ja weiterleiten muss.

Montags haben wir immer zwei bis drei Schulklassen da, denen wir das Rathaus zeigen. Meistens Grundschule, weil man leider nur in der Grundschule über Kommunalpolitik redet. Das machen wir den ganzen Vormittag. Dann haben wir ganz viel auch einfach verwaltungsintern, es klingt total langweilig. Wir reden darüber, was an Anliegen kam und was wir als nächstes machen. Die sind meistens entweder per Telefon oder per Videokonferenz. Dann habe ich viele Termine mit z.B. der Bürgermeisterin, weil das Kinder- und Jugendrathaus im Büro der dritten Bürgermeisterin angesiedelt ist.

Wenn sie einen Termin hat oder ein Gespräch, wo es um Kinder und Jugendliche geht, dann komme ich dazu, weil ich eben ihre Mitarbeiterin dafür bin. Ich habe auch hin und wieder Gespräche mit Parteien und Fraktionen hier im Rathaus.

Wir haben auch unsere Öffnungszeiten, wo wir immer hier sind.

Und dann planen wir noch Aktionen. Wir sind z.B. auf dem Zammanand Festival oder auf dem Kinderkultursommer. Das müssen wir natürlich alles vorbereiten.

Es gibt keinen so ein typischen Tag, weil immer was anderes ansteht.

Was macht dir besonders Spaß daran?

Den Kontakt zu den jungen Leuten zu haben. Anders als in einem normalen Bürojob, da ist man immer im Büro.

Ich habe 14 Jahre Jugendarbeit gemacht, ehrenamtlich. Ich war Jugendleiterin und fand es da schon immer richtig cool. Die Erwachsenen unterschätzen total, was junge Leute alles können und machen.

Und deswegen finde ich das auch so wichtig, dass es uns hier gibt. Es ist schon so, dass junge Leute gerade in der Politik leider nicht ernst genommen werden, weil sie nicht wählen dürfen.

Wie bist du denn überhaupt dazu gekommen, hier zu arbeiten?

Ich habe bei der Stadt ein duales Studium gemacht. Ich habe Bachelor of Laws bei der Stadt studiert und dadurch habe ich schon in der Stadtverwaltung gearbeitet, bei der jetzt dritten Bürgermeisterin. Und als dann meine Vorgängerin hier weggegangen ist und die Stelle frei wurde, durfte ich das übernehmen.

Eine Frage habe ich noch. Sagen wir, jemand hat nicht speziell ein bestimmtes Anliegen oder Problem, möchte sich aber trotzdem engagieren. Wie kann er oder sie das machen?

Es kommt total drauf an, in welche Richtung man sich engagieren will. Grundsätzlich gibt es in München hunderte, tausende Vereine. Ich versuche es pauschal zu sagen. Es gibt ganz viele Sportvereine, wo man sich z.B. als Trainerin oder Jugendleiterin ehrenamtlich engagieren kann. Es gibt in München sogenannte freiwilligen Agenturen. Das ist ein Angebot, wo man entweder hingehen oder eine E-Mail schicken kann. Die wissen, wo man sich in München überall ehrenamtlich einbringen kann. Ich glaube, man kann sogar einen Onlinetest machen. Das kann ich aber nicht auswendig sagen.

Jede Partei hat normalerweise auch Jugendorganisationen, also wenn man sich politisch engagieren will, kann man zu den Jugendorganisationen von den Parteien gehen. Das ist aber meistens erst ab 16.

Oder auch NGOs (das sind Organisationen, die nicht von der Regierung organisiert werden) wie Fridays for Future. Die haben Gruppen in München. Zum Jugendform Bund Naturschutz kann man auch gehen.

Einrichtungen im Stadtbezirk, z.B. Jugendtreffs wissen meistens auch, was es noch so gibt.

Es gibt also viele verschiedene Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Das waren auch schon alle meine Fragen. Danke für das Interview. Ich finde es wirklich sehr cool, dass es das Kinder- und Jugendrathaus gibt.

 

Hier noch ein paar interessante Links: