Auch wenn man bei SOS-Kinderdorf zuerst an Afrika, Asien oder Südamerika denkt, gibt es derzeit auch in unserem Land ca. 700 Kinder, die in 16 SOS-Kinderdörfern betreut werden. Über die Arbeit dort informierte Frau Allig vom SOS-Kinderdorf Campus am 1. Februar 2019 unseren Q11-Kurs in Sozialkunde.
Zunächst sammelten wir verschiedene Familienformen wie z.B. Kernfamilie, Patchworkfamilie, Alleinerziehende etc. Davon ausgehend überlegten wir, welche Aspekte konstituierend für jede Familie sind: Soziologisch gesehen besteht eine Familie aus mindestens zwei Generationen und die Kinder erfahren dort Geborgenheit und Fürsorge. Genau dies ist auch der Grundgedanke des SOS-Kinderdorf-Gründers Hermann Gmeiner: Er wollte, dass möglichst alle Kinder diese Geborgenheit und Zuwendung erfahren. Laut Konzept des SOS-Kinderdorfs benötigt ein Kind eine Mutter, ein Haus, ein Dorf und Geschwister für eine gute Entwicklung. Das sind die vier Säulen der SOS-Kinderdorf-Idee.
Warum aber gibt es in Deutschland überhaupt SOS-Kinderdörfer? Anders als wir vermuteten, ist in Deutschland Armut allein kein Grund dafür, dass Kinder nicht bei ihrer leiblichen Familie aufwachsen können. In unserem Land gibt es dank der sozialen Sicherungssysteme nur ganz selten so große Armut, dass ein Kind nicht mehr ernährt werden kann. Allerdings haben viele Kinder auch in Deutschland nicht genug Geld für gesellschaftliche Teilhabe und werden deshalb ausgegrenzt – sie können z.B. nicht mit Freunden ins Kino oder zu Konzerten gehen. Die häufigsten Gründe dafür, dass Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen, sind vielmehr Gewalt, Drogensucht und Alkoholmissbrauch in der Familie und – wenn auch selten – der Tod beider Elternteile. Dabei werden familiäre Gewalt oder Drogensucht häufig verschleiert. Hinweise kommen dann von Nachbarn, Lehrern oder Mitschülern. Frau Allig appellierte an unsere Wachsamkeit im eigenen Umfeld. Zudem diskutierten wir, wie vorzugehen ist, wenn sich ein entsprechender Verdacht erhärtet: Zuerst sollten wir alle aufmerksam sein und darauf achten, ob sich ein Muster abzeichnet (z.B. häufig blaue Flecken) und sich das Verhalten eines unserer Mitschüler plötzlich ändert. Ist dies der Fall, können wir das Gespräch mit ihm suchen. Wenn der Verdacht nicht glaubhaft ausgeräumt wird, sollten wir uns an eine Lehrkraft unseres Vertrauens wenden. Die Schule kann in einem nächsten Schritt Kontakt zu den Eltern oder bei akuter Gefahr zum Jugendamt aufnehmen.
Bei dem interessanten Besuch konnten wir auf Fachwissen aus dem bisherigen Sozialkundeunterricht zurückgreifen und in der Folgestunde mit den Themen „absolute vs. relative Armut“ und „Sozialstaat“ an die konkreten Beispiele aus dem Vortrag anschließen. Unserer Meinung nach sollten auch zukünftig Referenten des SOS-Kinderdorf Campus in die 11. Jahrgangstufe eingeladen werden, um uns Einblicke in ihre Arbeit zu ermöglichen.